Alter Schützenhof
Der ehemalige Schützenhof der bis heute fortbestehenden ›Husumer Schützengilde von 1586‹ ist Hauptschauplatz von Theodor Storms Novelle Pole Poppenspäler. Die zuerst 1874 veröffentlichte »Puppenspielergeschichte« (an Paul Heyse, 17.11.1873) ist heute eine der meistgelesenen Erzählungen des Dichters.
Theodor Storm beschreibt in der Novelle das Gebäude: »Du kennst unseren Schützenhof in der Süderstraße; auf der Haustür sah man damals noch einen schön gemalten Schützen, in Lebensgröße, mit Federhut und Büchse […]. Das alte zweistöckige Haus wurde von Niemandem weder bewohnt noch gebraucht […]; nur in dem öden weißgekalkten Saale, der fast das ganze obere Stockwerk einnahm, produzierten mitunter starke Männer oder durchreisende Taschenspieler ihre Künste.« Dort im Festsaal der Gilde, deren Vereinsleben im 19. Jahrhundert zeitweise fast ganz zum Erliegen gekommen war, gibt auch der »Mechanikus und Puppenspieler« Joseph Tendler »aus der Residenzstadt München« seine Vorstellungen, beginnend mit dem Stück »Pfalzgraf Siegfried und die heilige Genovefa«.
Die Fassade des Gebäudes mit der heutigen Zählung Süderstraße 42 wurde 1874 neugotisch überformt (siehe Abbildung), in jüngerer Zeit jedoch teilweise wieder zurückgebaut. Im Kern stammt das ehemalige Gildehaus, das 1885 in Privathand überging, wohl aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Die Gründung der Gilde wurde vermutlich vom Landesherrn Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf (1526–1586) gefördert; Schützengilden hatten insofern Interesse für die Landesherrschaft, als sie neben ihrer sozialen Funktion (gegenseitige Unterstützung der Schützenbrüder, Förderung des Zusammenhaltes durch Schützenfeste) auch militärische Aufgaben als Bürgerwehren erfüllen konnten.
Text: Holger Borzikowsky (1947–2015)